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Begrüßungsrede zum literarisch-musikalischen Abend zu Ehren von Thomas Mann und Alexander Puschkin im Rahmen des Gedenkjahres 2025 in Dresden

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Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde der Literatur und Musik,

ich heiße Sie sehr herzlich willkommen zu diesem besonderen Abend – einem Abend der Sprache, der Klänge, der Erinnerung und des lebendigen Austauschs.

Wir ehren heute zwei herausragende Gestalten der Weltliteratur: Thomas Mann und Alexander Puschkin. Dass beide – fast wie durch ein geheimes Band verbunden – am selben Tag geboren wurden, nämlich am 6. Juni, ist ein beinahe poetischer Zufall.
Puschkin im Jahr 1799, Thomas Mann 1875.

Und so feiern wir heute nicht nur ein literarisches Zwiegespräch über Zeiten und Sprachen hinweg, sondern zugleich den 150. Geburtstag von Thomas Mann.

Diese Veranstaltung steht auch im Zeichen eines größeren historischen Zusammenhangs: Das Gedenkjahr 2025 in Dresden erinnert an die Befreiung vom Nationalsozialismus vor 80 Jahren. Es ist ein Jahr des Gedenkens – aber auch ein Jahr der Verantwortung.

Denn wer über Thomas Mann spricht, der spricht nicht nur über Literatur – sondern über geistige Haltung, über Humanität, über Widerstand in dunkler Zeit.
Thomas Mann war nicht nur ein bedeutender Schriftsteller – er war auch ein entschiedener Gegner des Faschismus. Aus dem Exil heraus erhob er seine Stimme gegen das NS-Regime – in seinen Essays, in den „Deutschen Hörer“-Ansprachen, in seinem Werk.

Ein besonderer Ausdruck seiner geistigen Weite war die tiefe Verbundenheit mit der russischen Literatur – insbesondere mit Alexander Puschkin, den er als „Begründer des modernen russischen Geistes“ verehrte.

Im Jahr 1937, zum 200. Geburtstag Puschkins, verfasste Thomas Mann im Schweizer Exil einen Essay, der unter dem Titel „Alexander Puschkin“ erschien. Darin schreibt er:

„In seiner Gestalt erscheinen die russische Seele und der klassische Geist Europas vereint, wie in keinem anderen Menschenwerk.“

Für Mann war Puschkin ein Dichter der Form, der Freiheit, des Maßes – ein Humanist, der weit über jede nationale Vereinnahmung hinausragt. Und genau das macht ihn auch heute noch – oder wieder – zu einer Figur von kultureller Bedeutung.

Umso schmerzlicher ist es, dass Puschkin-Denkmäler in jüngster Zeit in mehreren osteuropäischen Staaten entfernt oder beschädigt wurden – als Zeichen politischer Abgrenzung, oft ideologisch motiviert.

Doch ein Dichter wie Puschkin gehört nicht dem Nationalismus – sondern der Weltliteratur. Ihn zu ehren heißt auch, gegen das Vergessen und gegen kulturelle Auslöschung einzutreten.

Dass sich im vergangenen Jahr, 2024, die Deutsche Puschkin-Gesellschaft aus Mangel an Mitwirkung aufgelöst hat, ist ein bedrückendes Zeichen für den drohenden Verlust kultureller Kontinuität. Umso mehr verstehen wir diesen Abend als bewusstes Zeichen des Gedenkens und der Weitergabe.

Dass wir diesen Abend in dieser Form erleben dürfen – als Verbindung von Sprache, Musik und gemeinsamer Erinnerung –, ist vor allem auch dem Engagement einzelner Menschen zu verdanken.

Ein besonderer Dank gilt Frau Dorothee Hollender, Dramaturgin und Regisseurin des Freiberger Theaters.
Schon bei unserem ersten Gespräch hat sie die Idee dieses Abends sofort erfasst und mit großem Gespür weiterentwickelt. Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass wir diese Konzeption erleben dürfen – und dass es gelungen ist, zwei hervorragende Künstlerinnen und Künstler kurzfristig zu gewinnen:

Den Schauspieler Olaf Hais – und die Musikerin Annerose Rademann.
Beiden danken wir herzlich für ihre Bereitschaft und für die künstlerische Kraft, die sie heute mit uns teilen werden.

Lassen Sie uns diesen Abend also erleben als Feier der Literatur, der Musik, der Erinnerung –
und als ein stilles, aber entschlossenes Zeichen:
Für Verständigung. Für kulturelles Erbe. Für die unerschütterliche Kraft des Wortes.

Ich wünsche Ihnen einen inspirierten und bewegenden Abend.
Vielen Dank.