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Russenkinder – Kinder von deutschen Müttern und Sowjetsoldaten

18.03.2025 um 19:00 21:00

Anatoly Rothe hat seinen Vater, der Soldat der Roten Armee war, nie kennengelernt. 1996 begibt er sich auf die Suche und begegnet seitdem Schicksalsgenossen. Er wendet sich an die deutsche Botschaft in Moskau und die des Archivs des russischen Verteidigungsministeriums in der Stadt Podolsk bei Moskau.
Anatoly berichtet: „Nach einem halben Jahr bekam ich die Auskünfte über meinen Vater, musste die Suche weiterführen, weil er Kasache war und aus der Armee nach Hause entlassen worden war. Schließlich fand ich sein Grab und seine Familie. Er hatte nach seiner Demobilisierung kurz nach meiner Geburt eine Kasachin geheiratet und mit ihr neun Töchter bekommen. Sie wussten von mir, ihre Mutter hatte es ihnen erzählt. Nun war ich endlich gekommen.“
Als Anatoly Rothe 2014 auf eine Gruppe Betroffener stieß, hatte keiner von ihnen die Vorstellung, dass die Suche nach dem Vater überhaupt möglich war. Das war der Auslöser für die weiteren Geschehnisse. Diese Gruppe war mehr auf persönliche Empfindsamkeit orientiert. Er wollte helfen. So kam es zur Gründung des Vereins Russenkinder e.V. im November 2014.
Von Anfang an gab es über die Väter Gerüchte, Erzählungen, Spekulationen. In den günstigen wurden sie versetzt. Weit gravierendere wurden erzählt, sie seien nach Sibirien geschafft, in Straflager gesperrt, gar erschossen worden.
Durch die vielen gefundenen Väter wurde langsam sichtbar, dass diese Gerüchte sich nicht bestätigten. In keinem einzigen dem Verein bekanntem Fall wurde bestraft. Im Gegenteil, zum Beispiel wurde ein Leutnant in den 70er-Jahren als Oberst in die Reserve entlassen.
Die Vereins-Webseite wurde in den zehn Jahren des Bestehens über eine dreiviertel Million Mal aus der ganzen Welt aufgerufen. Über 1200 Betroffene haben kontaktiert. Viele wuchsen mit ihren Müttern auf, ebenso bei Großeltern oder anderen Verwandten. Die Mütter heirateten. Die Kinder bekamen Stiefväter. Manche hatten keine schöne Kindheit.
Die Familien behandelten sie herablassend, herabwürdigend. Andere wiederum erfuhren viel Liebe und Zuneigung, Förderung in ihrer Entwicklung. Der Versuch, diesen Begriff in die Wikipedia einzubringen, wurde abrupt abgebrochen, als die Ursache für Benachteiligungen benannt wurde. Es waren die Deutschen, die Familien, Nachbarn, Mitschüler etc. Denn die Väter waren nicht mehr da, die Kinder zu beschützen.
Anatoly Rothe sagt: „Nach dem 24. Februar 2022, dem Tag, an dem Russland die gesamte Ukraine angriff, änderte sich die Situation für einige von uns dramatisch. Es zu Beleidigungen, Beschimpfungen, sogar Gewalt wurde angedroht. Um es einmal populär auszudrücken – früher galten wir als kleine Stalins, jetzt als kleine Putins. Wir hatten Befürchtungen, dass unsere Arbeit, Hilfe bei der Suche nach der väterlichen Familie abgebrochen werden müsste. Es ist nicht der Fall. Es gibt weitere Nachfragen, ebenso helfen die russischen Archive bei den Auskünften wie gewohnt.“